Unions Tom Rothe im Interview: „Wäre ich fünf Jahre älter, hätte ich es anders gemacht“
Tom Rothe (re.) kam in dieser Spielzeit bei Union häufiger
als Innenverteidiger zum Einsatz als auf der Außenbahn.
Wie groß ist die Umstellung von Außen nach Innen?
4 Oct 2025 - Der Tagesspiegel
Von Kit Holden
Tom Rothe, wie antworten Sie mittlerweile, wenn jemand fragt, auf welcher Position Sie spielen?
Auf zwei. Ich spiele normalerweise links hinten, aber seit Neuestem auch mal als Innenverteidiger. Und mir macht beides echt Spaß.
In den letzten Monaten hat Sie das Trainerteam beim 1. FC Union Berlin zum Innenverteidiger umgeschult. Hat Sie das überrascht?
Ich habe es schon in der letzten Saison im letzten Spiel gegen Augsburg das erste Mal gespielt. In der Vorbereitung kam dann der Trainer auf mich zu und meinte, dass er es gut fand, wie ich es gemacht habe und dass es vielleicht für die nächste Saison eine Idee ist. Klar ist es immer eine Umstellung, wenn man in einer neuen Position spielt, überrascht war ich aber nicht.
Es ist jetzt nicht so, als ob ich plötzlich Torwart spiele (lacht). Aber klar: Als Innenverteidiger ist es noch mal defensiver, als wenn man jetzt linke Schiene spielt. Da muss man schon aufpassen, wann man vorschieben kann und wann nicht. Darum ging es viel in der Vorbereitung. Deswegen war es auch gut, dass ich diese Zeit hatte, um ein Gefühl für die Position zu bekommen.
Müssen Sie sich jetzt ein Stück weit zügeln? Als Außenverteidiger waren Sie auch bekannt dafür, offensiv Akzente zu setzen.
Ja. Diesen Drang, nach vorne zu gehen, habe ich natürlich immer noch in mir. Deswegen musste ich mich anpassen und wurde vom Trainer das ein oder andere Mal schon zurückgewiesen. Aber gerade, wenn wir mit drei hinten spielen, gibt es immer noch Situationen, in denen man trotzdem nach vorne kann. Deswegen finde ich das gar nicht so schlecht.
Dass Sie als Innenverteidiger spielen, hat auch mit der Situation um Diogo Leite zu tun. Er wollte im Sommer eigentlich weg, Sie sollten ihn zumindest kurzfristig ersetzen. Wie haben Sie diese TransferSaga als Nebendarsteller erlebt?
Diogo und ich verstehen uns super. Ich habe in der Vorbereitung auch viel mit ihm gesprochen und habe versucht, mir einige Tipps abzuholen. Seine Situation ist jetzt nichts Unnormales im Fußball. Klar ist es nicht so schön, wenn es solch ein Hin und Her gibt, aber bei uns in der Kabine war es kein großes Thema.
In den letzten zwei Wochen hat sich Leite auf Ihre Kosten zurück in die Startelf gespielt. Sehen Sie sich jetzt eher mit ihm in einer Konkurrenz-Situation oder mit Derrick Köhn auf Linksaußen?
Das werden wir sehen. Ich versuche einfach, im Training Gas zu geben. Es ist immer mein großes Ziel, in der Startelf zu stehen. Da ist es mir eigentlich egal, auf welcher der beiden Positionen ich eingesetzt werde, solange ich auf dem Platz stehe.
Ihren Platz in der Startelf haben Sie verloren. Sie bekamen im Spiel gegen Hoffenheim die Rote Karte und wurden gesperrt. Ihr Teamkollege Janik Haberer meinte, dass Sie sehr selbstkritisch darauf reagiert haben.
Ich mache mir immer viele Gedanken darüber, was ich besser machen könnte. Ich bin jetzt 20 Jahre alt und ich möchte mich mit jedem Spiel, mit jedem Training weiterentwickeln. Da ist es auch wichtig, dann selbstkritisch zu sein. Bei der Situation gegen Hoffenheim hätte ich wahrscheinlich anders agiert, wenn ich fünf Jahre älter wäre.
Nach den Spielen gegen Hoffenheim und Dortmund mussten Sie und Leopold Querfeld einiges einstecken. Wie geht man damit um?
Kritik gibt es immer, wenn man nicht gewonnen hat. Dass es jetzt mich und Leo doller getroffen hat, ist dann so. Klar liest man das, aber ich mache mir keinen riesigen Kopf. Ich weiß auch, dass ich auf einer neuen Position spiele, und dass Fehler vielleicht auch ein Stück weit normal sind. In der Bundesliga werden die schnell bestraft, aber ich versuche einfach, noch mehr daraus zu lernen.
Am Samstag steht ein Auswärtsspiel gegen Bayer Leverkusen an. Was erwarten Sie?
Die Leverkusener erleben gerade einen riesigen Umbruch. Sie haben erneut einen neuen Trainer und haben viele neue Spieler, aber immer noch enorme Qualität, gerade mit dem Ball und nach vorne. Da müssen wir auf jeden Fall wach sein und wieder die Energie auf den Platz bekommen, die wir gegen Frankfurt oder Stuttgart hatten. Wenn wir das schaffen, haben wir die Chance, dort was zu holen.
Hat diese Energie in den anderen Spielen ein bisschen gefehlt?
Grundsätzlich sind wir mit dem Saisonstart zufrieden. Gegen Hoffenheim waren eher die individuellen Fehler entscheidend, aber grundsätzlich sind wir mit unseren sieben Punkten und unseren Leistungen zufrieden. Klar gibt es immer noch Stellschrauben. Wir müssen schauen, dass wir in jedem Spiel vom Anfang bis Ende auf dem Punkt da sind und nicht nur Phasen haben, wo wir die Energie auf den Platz bringen.
Nach Leverkusen steht die Länderspielpause an, bei der Sie erneut für die U-21-Nationalmannschaft nominiert sind. Wie sehen Sie Ihre Rolle dort?
Der Austausch mit dem Trainer war auf jeden Fall positiv und er hatte mich die letzten Male als linker Verteidiger eingeplant. Ich kann die Position ja immer noch spielen. Auf jeden Fall freue ich mich immer, wenn ich dabei bin, das ist eine riesige Ehre.
Auch Ihre Teamkollegen Ilyas Ansah und Aljoscha Kemlein sind für die Spiele gegen Griechenland und Nordirland im Kader. Sagt das etwas aus über die aktuelle Entwicklung bei Union?
Es ist natürlich cool für den Verein, wenn drei Spieler für die U 21 eingeladen sind. Ich glaube, man merkt schon, dass sich hier ein bisschen was geändert hat. Früher war Union dafür bekannt, dass es weniger Jugendspieler und einen eher älteren Kader gab. Jetzt haben wir mit Ily, Joschi, Leo oder David Preu recht viele junge Spieler, die auch zu ihren Einsätzen kommen. Ich finde es gut, wenn ein paar andere junge Spieler um mich herum sind und man nicht der Einzige ist.
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Ab und zu schon, aber nicht mehr in der ersten Reihe! Ich nehme auch gerne mal die anderen jungen Spieler wie Joschi und Leo mit, das ist immer ganz witzig. Aber wir sitzen dann doch lieber ganz hinten.
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Zur Person
Tom Rothe, 20, steht seit August 2024 bei Union unter Vertrag. Der Verteidiger spielte in seiner Jugend unter anderem beim FC St. Pauli und bei Borussia Dortmund. In Dortmund gab er 2022 sein BundesligaDebüt, konnte sich aber nicht langfristig durchsetzen. Im September 2020 kam er zu seinem ersten Einsatz in der deutschen U-17-Nationalmannschaft und durchlief seitdem alle Altersklassen.
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