Historisches Finale Mit ganz Bielefeld nach Berlin


Bielefelds Trainer Mitch Kniat (2.v.l.) bejubelt 
mit einigen Spielern die Pokalsensation.

3 Apr 2025 - Der Tagesspiegel
Von Thomas Eßer (dpa)

Der Gedanke an das Finale von Berlin ließ Mitch Kniat breit grinsen. „Ich glaube, wir werden da mit ganz Bielefeld anreisen“, sagte der Arminia-Trainer zu einer der größten deutschen Fußball-Sensationen seit Jahren. „Ich bin mal gespannt, ob es da so viele Hotelzimmer gibt, wie schon heute bei ,Booking’ gebucht wurden.“ 
Bielefeld wurde nach dem erstmaligen Finaleinzug der Klub-Geschichte im DFB-Pokal zu einer einzigen Partymeile. Die frisch gedruckten T-Shirts der Pokalhelden brachten die historische Bedeutung des Erfolgs auf den Punkt. „In 120 Jahren von Bielefeld bis ins Finale von Berlin“, prangte stolz auf der Brust der feierwütigen Arminia-Spieler. Den Doublesieger rausgeworfen, als erster Drittligist seit 24 Jahren das Ticket fürs Endspiel gelöst: Viel mehr geht nicht.

Der 24. Mai soll nun geschichtsträchtig werden. Vor den Bielefeldern schafften es bislang drei Drittligisten ins Endspiel – zuletzt der 1. FC Union 2001. Noch nie gewann einer.

Auf dem Weg zum Sehnsuchtsort Olympiastadion verzweifelten vier Bundesligisten und ein Zweitligist an der Arminia. Mit jeder Runde wurde die Bielefelder Alm zur noch mehr gefürchteten Fußball-Festung. „Irgendwie passieren hier auf der Alm magische Sachen“, sagte Außenbahnspieler und Torvorbereiter Louis Oppie und ergänzte mit Blick auf Berlin selbstbewusst: „Die Alm können wir nicht mitnehmen, aber das Gefühl können wir mitnehmen.“

Bielefeld bald gegen Manchester oder Juve?

Trainer Mitch Kniat, der zuvor den Blumenthaler SV, die zweite Mannschaft des SC Paderborn und den SC Verl trainiert hatte, könnte nun in der kommenden Saison Pflichtspiele gegen Manchester City oder Juventus Turin betreuen. Der Pokalsieg würde der Arminia einen Startplatz in der Europa League garantieren.

Die Fans sangen bereits von internationalen Reisen und auch Siegtorschütze Maximilian Großer sagte zum Thema Europacup: „Ein Spiel, da ist alles möglich.“Eine Qualifikation würde den Drittliga-Aufstiegsanwärter auch finanziell in ganz neue Sphären heben.

Im Pokal kommt die Arminia bislang allein durch Prämien auf Einnahmen von rund 9,4 Millionen Euro. Gewinnt Bielefeld auch das Endspiel, wären es nochmal etwa 1,45 Millionen mehr. Hinzu kommen etwa 45 Prozent der Ticketeinnahmen aus dem Finale. Ans Konto wollte Sport-Geschäftsführer Michael Mutzel aber erst einmal nicht denken. „Zum ersten Mal in Arminias Geschichte fahren wir nach Berlin. Das Finanzielle ist mir gerade auch egal“, sagte er und lachte.

***

Arminia Bielefelds Siegeszug ist kein Zufall

3 Apr 2025 - Der Tagesspiegel
Charlotte Bruch ist Sportredakteurin und findet, dass Bielefeld hochverdient im Finale des DFBPokals steht.

Manchmal reicht im Fußball ein einziges Spiel, um Krisenzeiten vergessen zu machen. Mannschaft und Fangemeinde zu vereinen, wieder von glorreichen Zeiten zu träumen. Es ist auf den Tag genau 22 Monate her, dass Fabian Klos auf der Bielefelder Alm stand und nach einer verhauenen Relegation mit sportlichen Nichtleistungen sowie Fanausschreitungen etwas fassungslos den Abstieg in die Dritte Liga hinnehmen musste.

Der Stürmer der Arminia, in Bielefeld so etwas wie der Fußballgott, wirkte am Dienstagabend erneut fassungslos. Diesmal im positiven Sinne. Sein Verein hatte mit einem Sieg über Meister Leverkusen erstmals das DFB-Pokalfinale erreicht.

Ein knappes Jahr nach dem Karriereende von Klos und dem gerade so geretteten Klassenerhalt in Liga drei ist Bielefeld wieder wer im deutschen Fußball. Mit einer rundum erneuerten Mannschaft – kein einziger Spieler im Kader ist länger als seit Juni 2023 da – gelang die Sensation.

Eine Sensation, die sich ein bisschen angebahnt hatte. Denn dass Bielefeld nun im Pokalfinale steht, ist kein Zufall. Wenn man auf dem Weg dahin einen Zweitligisten und vier Erstligisten ausschaltet, hat das irgendwann nicht mehr nur mit Glück zu tun, man hat sich den Erfolg vielmehr verdient.

Bielefelds Trainer Michel Kniat hat es geschafft, aus der Arminia wieder ein defensiv stabiles Team zu machen, was noch das große Manko nach dem Abstieg aus der Ersten Liga 2023 war. Hinzu kommt eine spielfreudige Offensive mit Tempo, von der Leverkusens Abwehr wohl noch ein paar Tage länger Alpträume haben wird.

Dass Bielefeld auch Bayer besiegte, war kein Fall von hinten mauern und vorne hilft der liebe Gott, sondern einer der Sorte hochverdient. Das ist ein schlechtes Zeichen für Xabi Alonso und Leverkusen, aber ein umso besseres für Arminia Bielefeld und den Pokalwettbewerb.

Und so wird auf der Bielefelder Alm nicht mehr „Außer Fabi könnt ihr alle gehen!“gesungen, sondern „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“.

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