"Ich will jedenfalls immer treffen, um dieses Lied zu hören"
Bekommt Gänsehaut, wenn er vor der
Nordtribüne jubelt: HSV-Zugang Rayan Philippe
Rayan Philippe - Der HSV-Profi der Stunde im Interview – über Dompé, seine Familie, Scooter und keinerlei Limits
Das Interview führte TIM MEINKE (lacht).
Sind Sie ein Scooter-Fan? (lacht). (lacht). Auch sportliche? (vom AFC Sunderland; d. Red.) Und was sagt Poulsen zu Ihrem ausbaufähigen Kopfballspiel? (lacht).
„Ich will immer treffen, um dieses Lied zu hören““
Die Bundesliga ist ein wahr gewordener Traum. Aber ich will das Maximum austesten, mir keine Limits setzen.
17 Oct 2025 - Hamburger Morgenpost
Der HSV-Mann der Stunde? Das ist er wahrscheinlich. Das aber ist dem Hamburger Topscorer egal. In der MOPO erklärt Rayan Philippe (24), warum er auf Berühmtheit nichts gibt – und wie seine einjährige Tochter ihn ablenkt. Der Franzose erklärt seine Connection zu Jean-Luc Dompé, er witzelt über Scooter und erzählt von seiner Kindheit in Nizza. Und der Stürmer verrät, weshalb er sich noch lange nicht am Limit sieht.
MOPO: Gegen Mainz 05 haben Sie auch mit Ihrem schwächeren rechten Fuß getroffen. Nun fehlt nur noch ein Tor mit einer anderen Schwachstelle: mit Ihrem Kopf ... Rayan Philippe: Oh ja, das stimmt. Dafür brauche ich aber vermutlich mehr Zeit Nach Ihrem HSV-Wechsel verrieten Sie, Ihr Kopfballspiel sei ein „großes Problem“. Sie sagten: „Ich habe ein schlechtes Timing.“Haben Sie daran schon gezielt gearbeitet? Ja. Um stärker zu werden, muss ich an meinen Schwächen arbeiten. In dieser Woche habe ich Extraschichten für meinen schwächeren Fuß eingelegt, aber ich habe hier beim HSV auch schon an meinem Kopfballspiel gearbeitet – denn mein Timing ist noch nicht gut genug.
Unabhängig davon stimmt Ihr Timing. An den ersten drei Spieltagen waren Sie nur Joker, standen aber zuletzt dreimal in der Startelf – und schossen drei Tore. Wie erklären Sie sich Ihren Leistungssprung?
Ich habe keine spezielle Erklärung. Die Liga, der Klub, die
Stadt: Zu Saisonbeginn war vieles neu für mich. Die Intensität und die Qualität sind höher, auch unsere Spielweise hat sich geändert. Deshalb war mir schon nach dem ersten HSVTraining klar: Ich muss physisch hart arbeiten, um bereit zu sein. Das habe ich getan, und deshalb war ich nach der Vorbereitung etwas müde, hatte nicht das beste Gefühl. Aber nach der ersten Länderspielpause wurde es besser und besser. Und das sieht man jetzt.
Sie sagten zuletzt, dass Sie von Beginn an wussten, dass Sie stückweise besser werden würden. Liegt es in Ihrem Naturell, so gelassen und selbstbewusst zu sein?
Ja, so habe ich schon immer getickt. Auch in harten Phasen meiner Karriere war mir immer klar, dass ich die Qualität habe, auf höherem Niveau zu spielen. Ich durfte nur nicht den Fokus auf meinen Jobundaufmeine Ziele verlieren. Ich wurde nie unruhig.
Nach den jüngsten Heimspielen nannten Sie die HSV-Fans positiv „verrückt“. Haben Sie so einen Support wirklich noch nie erlebt?
Nein, niemals. Braunschweig hat auch unglaubliche Fans, aber ihr Stadion ist kleiner. Hier passen 57.000 rein – und wenn die meinen Namen schreien, ist das einzigartig. Die Atmosphäre im Volkspark ist unfassbar. Außerdem liebe ich unsere Torhymne.
Sie sind Teil einer internen „French Connection“mit Jean-Luc Dompé, Aboubaka Soumahoro, Warmed Omari und William Mikelbrencis. Mit wem verstehen Sie sich am besten?
Da gibt es nicht den einen. Wir Franzosen verbringen alle viel Zeit zusammen. Ich spreche in der Kabine auch Englisch und versuche, mich immer mehr auf Deutsch zu unterhalten, aber in der Muttersprache fällt alles am einfachsten. Ab und zu gehe ich mit den Jungs etwas essen, aber wir verbringen nicht jeden Abend zusammen.
Sie spielen auf dem rechten Flügel, Dompé spielt auf dem linken. Sie kommen eher über Ihr Tempo, er dagegen über sein Eins-gegeneins. Sie sind 24, er ist 30 Jahre alt. Ist Dompé trotzdem ein Spieler, an dem Sie sich orientieren?
Natürlich. Jean-Luc ist schon zwölf Jahre lang Profi – doppelt so lange wie ich. Wir sind verschiedene Spielertypen, aber er hat viel Erfahrung. Deshalb profitiere ich von Jean-Luc. Wir sprechen viel über Fußball und das Leben außerhalb unseres Jobs.
Jean-Luc klebt oft an der Seitenlinie, Sie dagegen ziehen oft in die Mitte. Tut es dem HSV gut, dass der rechte Flügelspieler unter Trainer Merlin Polzin ganz anders spielt als der linke?
Absolut. Merlin sagt mir immer: „Du sollst dich frei fühlen, weil wir deine Qualitäten brauchen.“Ich soll mitspielen, in die Tiefe starten, aber auch mal entgegenkommen.
Dompés achtjährige Tochter besucht in Hamburg eine französische Schule. Ihre Tochter ist nun ein Jahr alt. Mit welcher Sprache wächst sie auf?
Noch spricht sie nicht so viel, aber wir sprechen auf Französisch und auf Englisch mit ihr. Man weiß ja nie, wohin meine Karriere uns in Zukunft womöglich mal führt. Deshalb wird Englisch sehr wichtig für meine Tochter sein.
Gibt Ihre Tochter Ihnen Kraft, wenn es auf dem Spielfeld für Sie persönlich mal nicht läuft?
Auf jeden Fall, aber das gilt immer. Zu meiner Frau und zu meiner Tochter nach
Hause zu kommen, hilft mir dabei, abzuschalten. Nicht, den Fußball zu vergessen, aber an etwas anderes zu denken und die Zeit zusammen zu genießen. Mal gut zu spielen und mal schlecht, gehört dazu – aber die Familie ist das Wichtigste im Leben.
In der Länderspielpause waren Sie mit Ihrer Familie in Ihrer alten Heimatstadt Braunschweig, besuchten dort auch ein Restaurant. Ist das Ihr Lieblings-Italiener?
In Braunschweig definitiv. Der Restaurantbesitzer ist ein guter Freund. In meiner Zeit bei der Eintracht waren wir jede Woche dort. Man hätte denken können, das Restaurant gehört dem Verein Mir ist es wichtig, meine Freunde zu sehen – egal, ob in Braunschweig, in Luxemburg oder in Nizza.
Braunschweig, Hamburg oder Ihr französischer Geburtsort Nizza – was ist für Sie Heimat?
Nizza. Das ist meine Heimatstadt, in der ich 15 Jahre lang gelebt habe, wo meine Eltern, mein Bruder und viele
Freunde wohnen. Wenn ich Nizza höre, denke ich sofort an meine Jugendzeit. Ich habe so viele Erinnerungen. Auf jeden Fall. Wir haben jeden Tag auf der Straße gekickt. Immer nach der Schule. Es gab nur: Fußball, Fußball und Fußball. Und immer, wenn ich nach Nizza zurückkehre, gehe ich auf die Plätze, auf denen ich damals trainiert habe. Das muss sein, auch in meinem Urlaub. Eine Woche ohne Fußball? Keine Chance. Nicht in meinem Leben.
Was viele HSV-Fans nicht wissen: Sie haben im Herbst 2019 zweimal für die französische U20 gespielt. Was sind Ihre Erinnerungen an diese besondere Zeit?
Es war das beste Gefühl, für mein Heimatland zu spielen. Mit dem Wappen der Nationalmannschaft auf der Brust aufzulaufen – das war unglaublich.
Sie spielten damals mit Sacha Boey vom FC Bayern und Aurélien Tchouaméni von Real Madrid. Sind das die berühmtesten Mitspieler, die Sie jemals hatten?
Wahrscheinlich. Zumindest unter allen, die noch immer spielen. Tchouaméni, Sacha Boey, dazu Enzo Le Fée .Mit Sacha habe ich nach unserem Spiel in München gesprochen. Zu den anderen habe ich keinen Kontakt.
Mit wem würden Sie in Ihrer Karriere gerne mal zusammenspielen?
Damit beschäftigte ich mich nicht. Ich schaue nur auf mich und will die beste Version meiner Selbst sein. Ich denke nicht in Limits. Jetzt spiele ich in der Bundesliga, das ist ein wahr gewordener Traum. Aber ich will das Maximum austesten, will alles dafür geben – und mir keine Limits setzen.
Beim 4:0 gegen Mainz waren Sie als Doppelpacker gefeierter Matchwinner. Fühlt es sich für Sie manchmal unwirklich an, nun selbst einer der Bundesliga-Stars zu sein?
Ja und nein. Es ist unwirklich, weil ich eine normale Person bin und nur Fußball spiele. Andererseits möchte ich ein sehr guter Spieler sein – und ohne Aufmerksamkeit ist das heutzutage unmöglich. Ich genieße den Moment, aber ich spiele Fußball nicht, um berühmt zu sein.
Wie ist es, mit jemandem wie HSV Kapitän Yussuf Poulsen die Kabine zu teilen? Er hat in seiner Karriere 235-mal in der Bundesliga gespielt und 49-mal getroffen.
Es ist ein Privileg. Yussi hat nicht nur viel Erfahrung, sondern will sie vor allem weitergeben. Er sagt uns, was passt, was nicht gut ist, was wir tun müssen und was wir unterlassen sollten, weil es naiv ist. Das hilft vor allem den jungen Spielern sehr.
Auch er ist ein anderer Stürmertyp als Sie. Kann er Ihnen trotzdem wichtige Tipps geben?
Selbstverständlich. Yussi versteht den Fußball von A bis Z.
Da hat er auch viele Tipps. Witze darüber hat er aber noch nicht gemacht – weil ich eh wenig Kopfbälle mache (lacht).
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