Schröders Leitplanken für Gladbach
FOTO: ROBERTO PFEIL/DPA
Rouven Schröder hatte am Donnerstag seinen
ersten offiziellen Auftritt im Borussia-Park.
Bei seinem ersten offiziellen Auftritt als Sportchef der Borussia musste der 49-Jährige einige Fragen zu Trainer, Mannschaft und Transfers beantworten.
Was er von den Spielern erwartet, machte er unmissverständlich klar.
17 Oct 2025 - Rheinische Post
VON HANNAH GOBRECHT, THOMAS GRULKE UND JANNIK SORGATZ
Mönchengladbach - Rund 800 Kilometer hat Rouven Schröder am Mittwoch mit seinem E-Auto von Salzburg nach Mönchengladbach zurückgelegt. „Da mag der eine oder andere lachen, aber ich finde ein vollelektrisches Auto super. Ich musste aber mehrfach laden, deshalb hat es zehn Stunden gedauert“, sagte Gladbachs neuer Sportchef bei seiner offiziellen Vorstellung am Donnerstag.
Die Zeit auf der Autobahn habe er genutzt, um viel zu telefonieren – unter anderem mit CEO Stefan Stegemann, Geschäftsführer Markus Aretz und Trainer Eugen Polanski. Letzterer bekam von Schröder das Vertrauen ausgesprochen. „Er macht einen sehr guten und klaren Eindruck“, sagte Schröder über den Interimstrainer, der am Freitag (20.30 Uhr, Sky) bei Union Berlin das vierte Mal in der Bundesliga an der Seitenlinie stehen wird.
Eine Frist nannte Schröder nicht für die Klärung der Trainerfrage. „Es gibt kein Zeitfenster“, sagte er. Und versicherte: „Ich stehe Eugen sehr, sehr positiv gegenüber.“Wohlwissend, dass dem Klub und Polanski nur positive Ergebnisse helfen, sich nach dem miserablen Start mit drei Punkten aus sechs Spielen aus dem Tabellenkeller zu befreien. „Ich bin total von der Mannschaft überzeugt und auch vom Trainer überzeugt“, sagte Schröder. Der vorletzte Tabellenplatz in der Bundesliga habe bei seiner Entscheidung, nach Gladbach zu kommen, „nicht eine Sekunde eine Rolle gespielt“.
„Ich wollte die Chance unbedingt ergreifen“, sagte Schröder, der sich bei seinem ersten offiziellen Auftritt im Borussia-Park voller Tatendrang präsentierte. „Das Ankommen in der Dunkelheit mit dem grünen Licht am Stadion – da will man einfach anpacken und loslegen.“Der 49-Jährige, der in der Nacht nach dem Spiel in Berlin 50 wird, gab sich ob der komplizierten sportlichen Situation realistisch – und nahm nach einer halben Stunde erstmals das A-Wort in den Mund.
„Wir brauchen eine gewisse Kombination. Beim Thema Abstiegskampf sagen alle, wir müssen kratzen und beißen. Aber nur damit wird man kein Fußballspiel gewinnen. Die Basics müssen immer stimmen“, sagte er. „Borussia Mönchengladbach war immer auch ein Klub, der Fußball gespielt hat.“
Der Mannschaft stellte sich Schröder am Donnerstagvormittag vor. „Ich habe ihnen mitgeteilt, dass ich von ihr überzeugt bin“, sagte er und fügte an: „Ich glaube, dass es viele Potenziale gibt, die noch geweckt werden können.“Allgemein wünsche er sich von den Borussen, „dass die Jungs befreit Fußball spielen, sich entwickeln, Fehler machen – und trotzdem selbstbewusst weitermachen“.
Gladbachs neuer „Head of Sports“, so die offizielle Jobbezeichnung, stellte bei seinem Auftritt mehrmals die Priorität in den Vordergrund, den Verein schnellstmöglich aus der sportlich misslichen Lage zu befreien. Schröder weiß aber auch, dass er im Winter gefordert sein wird.
„Wir machen uns mit der Scoutingabteilung um Steffen Korell Gedanken und schmieden Ideen für die nächste Transferperiode“, so Schröder, der eine erste Baustelle des Kaders nannte: „Wir müssen uns definitiv mit der Defensive beschäftigen. Da sind wir auch von der Anzahl der Spieler nicht im bestmöglichen Szenario“, sagte er. Auch Abgänge von unzufriedenen Spielern oder solchen mit im Sommer auslaufenden Verträgen schloss er nicht aus.
„Wir brauchen stabile Jungs, stabile Spieler, die vorangehen. Wenn ich Rocco Reitz sehe, wie er dem Ball nachjagt, geht mir das Herz auf.“Gladbachs Vizekapitän war neben dem langzeitverletzten Kapitän Tim Kleindienst einer von zwei Spielern, über die Schröder explizit sprach.
Von den Profis erwarte er die Bereitschaft, die Mannschaft gerade in sportlich schlechten Zeiten über das eigene Ego zu stellen. „Wenn es nicht funktioniert, kann es sein, dass wir auseinanderdriften. Wer an dieser Gruppe nicht teilhaben möchte, der kann seinen Weg gehen. Es ist wichtig, das zu transportieren“, sagte er – und setzte damit unmissverständlich Leitplanken. Den Finger in die Wunde zu legen, sei für ihn grundsätzlich kein Problem. „Das schadet nie und tut manchmal weh. Ich bin ein Freund davon, die Dinge anzusprechen“, sagte er.
Für die Aufgabe in Mönchengladbach gab Schröder seinen Job bei RB Salzburg nach nur zehn Monaten auf. In Österreich wurde ihm medial unter anderem „Doppelmoral“vorgeworfen, nachdem er von den Spielern im Frühjahr eine 100-prozentige Identifikation gefordert hatte.
„Die Sachen, die ich gesagt habe, habe ich zu dem Zeitpunkt so gefühlt. Du bist nicht immer der gefeierte Held, das gibt der Job nicht her. Aber das war es mir wert, diesen Schritt zu gehen“, sagte Schröder. Der „Funke“zu Borussia sei mit dem ersten Kontakt sofort übergesprungen, Schröders Vertrag läuft zunächst bis 2028.
Einer der ersten Gratulanten sei Schröders Vorgänger Roland Virkus gewesen. „Das spricht für das Verhältnis zwischen Roland und mir. Natürlich werde ich ihn auch noch kontaktieren. Er ist ein Teil von Borussia Mönchengladbach. Es wäre fahrlässig von mir, wenn ich keinen Kontakt aufnehmen würde“, sagte er.
An der Alten Försterei wird Schröder am Freitag noch auf der Tribüne sitzen, im Heimspiel gegen den FC Bayern München (25. Oktober) wird er dann seine Premiere auf der Gladbacher Bank geben. „Darauf freue ich mich. Ich lasse den vierten Schiri auch in Ruhe. Ich möchte gerne unterstützend wirken, die Gruppe fühlen und die Mannschaft erleben“, sagte er.
Das Spiel bei Union dürfte erste Antworten darauf liefern, wie herausfordernd Schröders erste Wochen am Niederrhein werden.
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